Vor­hang auf – Büh­ne frei

Wer eine Ein­la­dung zum Vor­stel­lungs­ge­spräch erhält, kann sich schon mal kräf­tig auf die Schul­ter klop­fen. Nach einer Stu­die des Stau­fen­biel Insti­tuts füh­ren 12 Pro­zent der ein­ge­gan­ge­nen Bewer­bun­gen zu einem Vor­stel­lungs­ge­spräch. Die­se Zah­len sol­len Ihnen Mut machen. Denn Sie brau­chen jetzt vor allem zwei­er­lei: Selbst­ver­trau­en und Gelassenheit.

Die Ein­la­dung

Es dau­ert in der Regel eine bis zwei Wochen, bis Sie eine Reak­ti­on auf Ihre Be­wer­bungs­unterlagen erhal­ten, bei grö­ße­ren Unter­neh­men meist in Form einer schrift­li­chen Mit­tei­lung, dass die Unter­la­gen ange­kom­men sind. Bei klei­ne­ren Unter­neh­men tauscht man sich aber auch tele­fo­nisch oder per E‑Mail aus. Nach wei­te­ren zwei bis drei Wochen wer­den Sie erneut Post im Brief­kas­ten oder E‑Mail-Post­fach vor­fin­den. Ent­we­der han­delt es sich um eine Absa­ge oder um die Ein­la­dung zum Vor­stel­lungs­ge­spräch. Den Ter­min soll­ten Sie umge­hend tele­fo­nisch oder schrift­lich bestä­ti­gen. Set­zen Sie alle Hebel in Bewe­gung, um ihn wahr­zu­neh­men. Eine Ver­schie­bung wird man nur aus einem sehr wich­ti­gen Grund ak­zep­tieren, etwa wegen Krank­heit oder einer Ope­ra­ti­on. Wer sich bereits in die­ser frü­hen Pha­se schwie­rig anstellt, macht sich unbeliebt.

Wie die ande­re Sei­te denkt

Vor­stel­lungs­ge­sprä­che sind nicht nur für den Bewer­ber eine auf­re­gen­de und an­stren­gen­de Sache. Die ande­re Sei­te ist ähn­lich ner­vös wie Sie. Per­so­nal­chefs ste­hen mäch­tig unter Druck, die rich­ti­ge Ent­schei­dung zu tref­fen. Ein Mit­ar­bei­ter, der sich spä­ter doch nicht als zuver­läs­sig erweist, Bau­her­ren ver­grault oder sogar gra­vie­ren­de Feh­ler macht, kann eine Fir­ma in den Ruin trei­ben. Daher inves­tie­ren Arbeit­ge­ber viel Zeit und Geld für die Rekru­tie­rung von neu­en Mit­ar­bei­tern. Da wer­den Anzei­gen – meist online – auf­ge­ge­ben, stun­den­lang Bewer­bun­gen aus­ge­druckt und geprüft, Absa­gen und Zusa­gen geschrie­ben, sogar Head­hun­ter ange­setzt, um Füh­rungs­kräf­te zu gewin­nen. Die Vor­stel­lungs­ge­sprä­che lau­fen manch­mal über meh­re­re Tage. In die­ser Zeit kön­nen sich Per­so­nal­chefs und Geschäfts­füh­rer kaum um ande­re Din­ge küm­mern – jeden­falls nicht ums Geld­ver­die­nen. Glau­ben Sie ja nicht, dass der Chef im Anschluss an die­se Pla­cke­rei jedes Mal ein woh­li­ges Gefühl in der Magen­ge­gend hat. Es kommt oft vor, dass eine Stel­le leer bleibt, ein­fach weil „kei­ne ech­te Per­le“ dabei war. Die eine zu blass, der ande­re zu arro­gant, eine drit­te eine ech­te Fach­frau, die sich dann aber für eine ande­re Stel­le ent­schei­det, und der Letz­te hat zwar ein Superzeug­nis, macht aber lei­der einen so unsym­pa­thi­schen Ein­druck, dass man ihn unmög­lich auf Kun­den und Auf­trag­ge­ber los­las­sen kann. Ihr Gegen­über hat es in Sachen Auf­wand und Stress min­des­tens eben­so schwer wie Sie. In der Fußball­spra­che gespro­chen: Es steht 1:1 unentschieden.

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der ein­ge­gan­ge­nen Bewer­bun­gen füh­ren nach einer Stu­die des Stau­fen­biel Insti­tuts zu einem Vorstellungsgespräch.

Rich­ti­ge Ant­wor­ten gibt es nicht

Eine inten­si­ve Vor­be­rei­tung ist die Vor­aus­set­zung für ein erfolg­rei­ches Vorstellungs­gespräch. Las­sen Sie sich jedoch nicht dazu ver­lei­ten, „rich­ti­ge“ Ant­wor­ten auf be­stimmte Fra­gen zu fin­den. Rich­tig ist nur das, was echt ist.

Legen Sie sich also kei­ne bril­lan­te Begrün­dung für Ihre Berufs­wahl zurecht nach dem Mot­to: „Eines Nachts hat­te ich einen Traum, die­ser Traum hat mich nie­mals los­ge­las­sen.“ Es ist voll­kom­men in Ord­nung, wenn ein Bekann­ter oder Ver­wand­ter Ihr In­te­res­se geweckt hat oder wenn Ihnen die natur­wis­sen­schaft­lich-tech­ni­schen Fä­cher in der Schu­le Spaß gemacht haben oder Sie schon immer gut zeich­nen konn­ten – Haupt­sache, es war wirk­lich so.

Auch bei unan­ge­neh­men Fra­gen wir­ken Sie über­zeu­gen­der, wenn Sie bei der Wahr­heit blei­ben. Sie dür­fen jedoch Din­ge ver­schwei­gen, schließ­lich sind Sie nicht vor Gericht. Hat Ihr Stu­di­um län­ger gedau­ert als der Durch­schnitt, dann soll­ten Sie lie­ber nicht erwäh­nen, dass es vorm Fern­se­her ein­fach beque­mer als im Vor­lesungs­saal war. Erklä­ren Sie statt­des­sen, war­um Sie den Anschluss ver­passt haben, viel­leicht weil Sie sich Ihr Stu­di­um selbst finan­zie­ren mussten.

Büh­ne frei: Das Vor­stel­lungs­ge­spräch kann beginnen

Sie sind bes­tens prä­pa­riert, haben allen Ver­kehrs­staus und Zug­ver­spä­tun­gen zum Trotz genug Zeit ein­ge­plant, um pünkt­lich beim Vor­stel­lungs­ge­spräch zu erschei­nen. Pünkt­lich heißt, nicht: eine hal­be Stun­de frü­her. In die­sem Fall soll­ten Sie eine Extra-Run­de um den Block dre­hen. Ihr Erschei­nungs­bild ist sau­ber, ordent­lich und gepflegt. Dazu an ande­rer Stel­le mehr. Nur so viel: Sor­gen Sie dafür, dass der Bund nicht zu eng sitzt. Sie brau­chen an die­sem Tag mehr denn je Ihre Stim­me, die umso bes­ser klingt, wenn das Zwerch­fell locker agie­ren kann. Das ist der wich­tigs­te Ein­a­tem­mus­kel, der zwi­schen Brust- und Bauch­höh­le sitzt. Vie­le Men­schen, vor allem Frau­en, atmen aus­schließ­lich mit der Brust, weil sie sich in zu enge Jeans und Röcke zwän­gen und das Zwerch­fell damit kaum Chan­cen hat, sich zu sen­ken und zu heben. Das führt wie­der­um zu schril­len, piep­si­gen Stim­men, denen man wenig Durch­set­zungs­ver­mö­gen zutraut.

In der Regel wer­den Sie vor dem Raum, in dem das Vor­stel­lungs­ge­spräch statt­fin­det, eine Wei­le Platz neh­men. Auf­re­gung und Lam­pen­fie­ber sind nor­mal. Ach­ten Sie dabei mal auf Ihre Atmung. Wir nei­gen dazu, in Stress­si­tua­tio­nen viel zu viel Luft zu holen und die Schul­tern zu heben. Das alles ist Gift für die Stim­me und macht uns in kei­nem Fall ruhi­ger. Ein pro­ba­tes Gegen­mit­tel ist bewuss­tes Aus­at­men, am bes­ten mit einem „SCH-Laut“, wenn Sie unbe­ob­ach­tet sind. Hal­ten Sie nach dem Aus­at­men auch ruhig mal zwei Sekun­den die Luft an. Danach locker wei­ter ein- und aus­at­men. Die­se Übung kön­nen Sie bereits vor Ihrer Abrei­se machen, falls Sie der Gedan­ke an das Bevor­ste­hen­de dann schon ner­vös macht. Je nach­dem, wie groß die Fir­ma ist, bei der Sie sich vor­stel­len, erwar­ten Sie meist eine bis drei Per­so­nen. Ein­zig im öffent­li­chen Dienst ist der Kreis grö­ßer. Das Anfangs­pro­ze­de­re ist häu­fig gleich: Sie wer­den auf­ge­ru­fen, es folgt die Begrü­ßung und man wird Ihnen einen Platz sowie even­tu­ell ein Getränk anbie­ten. Sie kön­nen ruhig etwas trin­ken, soll­ten nur dar­auf ach­ten, dass Sie nichts ver­schüt­ten. Das kann schnell pas­sie­ren, wenn Sie Ihre Ent­wür­fe zur Erläu­te­rung aus­brei­ten. Neh­men Sie eine prä­sen­te Hal­tung ein, das heißt nicht stock­steif, aber auf­recht, auf kei­nen Fall rum­lüm­meln wie im Fern­seh­ses­sel. Machen Sie sich ansons­ten bit­te kei­ne Gedan­ken über Ihre Kör­per­spra­che. Man­che Bewerbungs­ratgeber mei­nen, es sei sinn­voll, eine bestimm­te Hand­hal­tung ein­zu­stu­die­ren. Wir hal­ten das schlicht­weg für Quatsch – geben Sie sich lie­ber so, wie Sie sind. Reden Sie ger­ne mit den Hän­den, dann tun Sie es. Durch Ihre Kör­per­spra­che zei­gen Sie Ihrem Gegen­über einen Teil Ihrer Per­sön­lich­keit und das ist gut und rich­tig so.

Die Gesprächs­lei­tung über­nimmt Ihr Inter­view­part­ner, er wird Ihnen Fra­gen stel­len. Meist bit­tet er Sie zunächst, sich vor­zu­stel­len und Ihren Wer­de­gang zu schil­dern. Sie sind ja bes­tens vor­be­rei­tet, es kann also gar nichts schief­ge­hen. Nur noch mal zur Erin­ne­rung: Füh­ren Sie kei­nen Mono­log, spre­chen Sie Ihr Gegen­über direkt an. Alle wei­te­ren Fra­gen las­sen Sie ein­fach auf sich zukom­men. Ver­trau­en Sie sich. Es wird Ihnen zu jeder Fra­ge etwas ein­fal­len, genau­so wie bei jeder ande­ren Unter­hal­tung auch. Zum Schluss bekom­men Sie die Gele­gen­heit, Fra­gen zu stel­len. Es wird posi­tiv gewer­tet, wenn Sie die­se Mög­lich­keit nut­zen. Ihre vor­he­ri­ge Recher­che schützt Sie davor, unklu­ge Fra­gen zu stel­len. „Was macht die Fir­ma eigent­lich so?“ wird mit Sicher­heit Stirn­run­zeln bei Ihrem Gesprächs­part­ner ver­ur­sa­chen, denn das hät­ten Sie im Inter­net nach­schau­en kön­nen. Fra­gen zu Ihren künf­ti­gen Auf­ga­ben oder ob es Weiterbildungs­möglichkeiten gibt, sind hin­ge­gen erlaubt.

Umgang mit Absagen

Ein Arbeits­ver­trag wäre natür­lich der krö­nen­de Abschluss für ein Vorstellungs­gespräch. Aber selbst eine Absa­ge macht Sie nicht zu einem Ver­lie­rer – im Gegen­teil. Bei der Ent­schei­dung für oder gegen einen Bewer­ber spie­len vie­le Fak­to­ren eine Rol­le. Eini­ges lässt sich ein­fach nicht beein­flus­sen: zum Bei­spiel, dass es immer Mit­be­wer­ber geben kann, die bes­ser qua­li­fi­ziert sind. Sie kön­nen jedoch gewiss sein, dass mit jedem Vorstellungs­gespräch Ihr Erfah­rungs­schatz wächst, sich opti­mal zu prä­sen­tie­ren. Das sind die bes­ten Vor­aus­set­zun­gen, eine pas­sen­de Stel­le zu finden.

War­um Sie mit die­sen Fra­gen rech­nen müssen:

„Haben Sie gut hergefunden?“

Hin­ter­grund: Eröff­nung eines Small­talks, Sie sol­len sich will­kom­men füh­len. Stei­gen Sie auf jeden Fall dar­auf ein und berich­ten Sie kurz vom Stau auf der Auto­bahn oder vom über­füll­ten Bahnhof.

„Erzäh­len Sie uns etwas über sich.“

Hin­ter­grund: Mit die­ser Fra­ge möch­te man her­aus­fin­den, ob Sie ein inter­es­san­ter Gesprächs­part­ner sind, der sich selbst­be­wusst prä­sen­tie­ren kann. Über­le­gen Sie sich also vor­her, was Sie zu solch einer Fra­ge sagen möch­ten. Sie kön­nen bei­spiels­wei­se schil­dern,
war­um Sie Archi­tek­tur bzw. Bau­in­ge­nieur­we­sen stu­diert haben.

„War­um haben Sie sich bei uns beworben?“

Hin­ter­grund: Ein Arbeit­ge­ber möch­te wis­sen, wel­che Moti­va­ti­on hin­ter der Bewer­bung steckt und ob er gezielt aus­ge­sucht wur­de. Gibt es Punk­te in der Stel­len­aus­schrei­bung, in denen Sie beson­ders gut sind oder die Ihnen beson­ders viel Spaß machen? Stel­len Sie anhand die­ser Details Ihre Moti­va­ti­on dar.

„Wis­sen Sie, was wir machen?“

Hin­ter­grund: Ach­tung – Stol­per­fal­le. Wer die­se Fra­ge mit „Nein“ beant­wor­tet, legt die Kar­ten für man­geln­de Vor­be­rei­tung auf den Tisch. Des­halb: Schau­en Sie nach, wel­che Leis­tungs­pha­sen das Büro anbie­tet oder wel­che Pro­jek­te das Bau­un­ter­neh­men bear­bei­tet hat.

„War­um sol­len wir aus­ge­rech­net Sie einstellen?“

Hin­ter­grund: Ein Arbeit­ge­ber erwar­tet für das Gehalt, dass er Ihnen zahlt, ent­spre­chen­de Gegen­leis­tun­gen. Mit die­ser Fra­ge klopft er ab, wel­chen Nut­zen Sie der Fir­ma bie­ten. Stel­len Sie an die­ser Stel­le Ihre Stär­ken dar, bei­spiels­wei­se Ihr Orga­ni­sa­ti­ons­ta­lent, Ihre Genau­ig­keit oder beson­de­re Computerkenntnisse.

„Wo lie­gen Ihre Schwächen?“

Hin­ter­grund: Wer sei­ne Stär­ken schil­dern kann, muss auch in der Lage sein, zu sei­nen Schwä­chen Stel­lung zu bezie­hen. An die­ser Stel­le aber kei­nen See­len-Strip­tease hin­le­gen. Den­ken Sie sich eine klei­ne Schwä­che aus, die Sie wie­der­um sym­pa­thisch wir­ken lässt.

„Wo lie­gen Ihre beruf­li­chen Zie­le, was möch­ten Sie in unse­rer Fir­ma erreichen?“

Hin­ter­grund: Jeder erfolg­rei­che Mensch hat ein Ziel, das er anstrebt, gan­ze gleich, ob es weit in der Fer­ne oder ganz nah liegt. Wer kein
Ziel hat, rennt plan­los in die Zukunft. Es kommt also gut bei Arbeit­ge­bern an, wenn Sie wis­sen, was Sie wol­len. Schil­dern Sie ruhig völ­lig
uto­pi­sche Träu­me nach dem Mot­to: „Die nächs­te Elb­phil­har­mo­nie ent­wer­fe ich.“

„Was tun Sie in Ihrer Freizeit?“

Hin­ter­grund: Auf den ers­ten Blick haben Ihre Hob­bys nichts mit Ihrer Arbeit zu tun. Und doch sagen sie viel über Ihre Per­sön­lich­keit aus, die für den Arbeit­ge­ber eine hohe Aus­sa­ge­kraft hat. Sport­ler bei­spiels­wei­se kom­men ziel­stre­big rüber.

„Haben Sie schon mal etwas von der VOB, dem Gesetz XY oder der Ver­ord­nung Z gehört?“

Hin­ter­grund: Mit die­sen und ande­ren Fra­gen wird Ihr Fach­wis­sen getes­tet. Es kann durch­aus vor­kom­men, dass Ihnen eine Fra­ge zu einem Pra­xis­bei­spiel gestellt wird oder Sie eine Rechen­auf­ga­be lösen sol­len. Hier zählt weni­ger das Ergeb­nis, son­dern eher die Her­an­ge­hens­wei­se an bestimm­te Pro­blem­fäl­le. (Ute Schroe­ter)

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Aktua­li­siert am: 9. März 2022