Die lieben Steuern: Leichter als gedacht
Die Selbständigkeit hat ohne Zweifel ihre Vorzüge, wenn da nicht das ganze Drumherum wäre. Doch Existenzgründern bleibt nichts anderes übrig, als mit den Steuern Freundschaft zu schließen.
Der Freie Beruf
Wussten Sie eigentlich, dass Sie einen „Freien Beruf“ gewählt haben? Architekten und Bauingenieure sitzen im gleichen Boot wie Ärzte, Rechtsanwälte, Notare, Journalisten, Dolmetscher oder Übersetzer. Sie gehören zu den sogenannten Katalogberufen nach § 18 Abs. 1 Einkommensteuergesetz. Selbständigen bringt die Zugehörigkeit zu dieser Gruppe steuerliche Vorteile. Das Finanzamt behandelt einen freiberuflich Tätigen anders als einen Gewerbetreibenden, wie zum Beispiel einen Bauträger oder einen Versicherungsmakler. Diese müssen nämlich Gewerbesteuer zahlen, ein Freiberufler muss das nicht. Doch Vorsicht: Es kommt auf die Art der Leistungen an, die Sie anbieten. Bei Planungsleistungen ist die Sachlage eindeutig. Ein Bauingenieur jedoch, der beispielsweise ausschließlich Bauleitungsaufgaben übernimmt, könnte eventuell als Gewerbetreibender eingestuft werden.
Eine eindeutige Definition für den Freien Beruf gibt es nicht. Der Gesetzgeber hat es im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz folgendermaßen formuliert: „Die Freien Berufe haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt.“
Buchführung: Mit den Steuern im Reinen
Wozu braucht man eigentlich eine Buchführung? Ganz einfach: Alle Selbständigen sind dazu verpflichtet, Einnahmen und Ausgaben so zu dokumentieren, dass das Finanzamt den Geschäftsverlauf nachvollziehen und damit die Einkommensteuer berechnen kann, die ihm der Unternehmer schuldet. Die Höhe der Einkommensteuer richtet sich nach dem Gewinn, der in einem Jahr erwirtschaftet wurde. Eine Buchführung hat außerdem den Vorteil, dass man den Überblick über sein Geschäft behält. Freiberufler haben es dabei noch relativ leicht. Sie müssen dem Finanzamt nur eine Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) vorlegen. Gewerbetreibende müssen ab dem Überschreiten bestimmter Schwellenwerte (Umsatz größer 500.000 Euro und Gewinn größer 50.000 Euro) bilanzieren und eine sogenannte doppelte Buchführung vorlegen, das ist ohne Steuerberater so gut wie nicht zu meistern.
Die EÜR funktioniert im Grunde ganz simpel: Sie sammeln alle Belege mit Einnahmen und Ausgaben, die den Betrieb betreffen. Alles, was ein Selbständiger für die Ausübung seiner Tätigkeit braucht und gleichzeitig seinen Gewinn schmälert, zählt zu den Betriebsausgaben, beispielsweise Bürobedarf, Reisekosten, Telefon. Am Jahresende ermittelt man seinen Gewinn, indem man die Ausgaben von den Einnahmen abzieht. Dafür gibt es im Übrigen zahlreiche Softwareprogramme, in die man sich schnell einarbeiten kann. Gute Erfahrungen haben wir mit dem Onlineanbieter Collmex gemacht. Dieser hat sich auf Kleinunternehmer spezialisiert und bietet ein übersichtliches Online-Buchungsprogramm an, das für eine geringe monatliche Gebühr genutzt werden kann.
Beispiele für Betriebsausgaben
- Bürobedarf (Papier, Aktenordner)
- Porto
- Büromöbel (Regal, Schreibtisch, Schreibtischstuhl)
- Reisekosten (Übernachtung, Bahnfahrkarten)
- Pkw-Kosten (das Finanzamt erkennt 30 Cent pro Kilometer an)
- Telefon, Internet, Mobiltelefon
- Miete für Büroräume
- Häusliches Arbeitszimmer
- Software (CAD-Programme, Ausschreibungsprogramme, Office-Software)
- Hardware (PC, Notebook)
- Fortbildungskosten
- Existenzgründung
- Steuern
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beträgt der aktuelle Mehrwertsteuersatz, den Unternehmer für Einkäufe, die den Betrieb betreffen, abziehen dürfen.
Mit diesen Steuern haben Freiberufler zu tun:
Einkommenssteuer
Kirchensteuer
Wenn Sie Mitglied der evangelischen oder ka- tholischen Kirche sind, müssen Sie mit Ihrer Einkommensteu- er auch Kirchensteuer abführen.
Umsatzsteuer
Jeder Unternehmer muss Umsatzsteuer zahlen. Es gibt jedoch Ausnahmen. Befreit sind alle Kleinunter- nehmer, deren Umsatz im Gründungsjahr nicht höher als 17.500 Euro war oder voraussichtlich sein wird und im laufen- den Jahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht überschreiten wird.
Lohnsteuer
Fällt nur an, wenn Sie Angestellte haben. Sie als Arbeitgeber sind dann für die korrekte Abführung der Lohnsteuer Ihrer Arbeitnehmer an das Finanzamt verpflichtet. Die Lohnsteuer wird vom Bruttogehalt abgezogen, somit vom Arbeitnehmer gezahlt, jedoch vom Arbeitgeber überwiesen.
Umsatzsteuerpflichtig oder nicht?
Jeder, der selbständig tätig ist, muss Mehrwert- oder – richtigerweise muss man sagen – Umsatzsteuer zahlen. Einzige Ausnahme: Von der Umsatzsteuerpflicht befreit sind alle Kleinunternehmer. Das sind diejenigen, deren Umsatz im letzten Jahr beziehungsweise im Gründungsjahr nicht höher als 17.500 Euro war oder voraussichtlich sein wird und im laufenden Jahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht überschreiten wird. Die meisten Existenzgründer können diese Befreiung in Anspruch nehmen. Sie müssen dies im steuerlichen Fragebogen bei der Existenzgründung beantragen. Kleinunternehmer können aber auch freiwillig erklären, dass sie zur Umsatzsteuer herangezogen werden wollen, auch wenn sie unter der Umsatzgrenze liegen. Freiwillig Steuern zahlen – ist das denn ratsam? Was die Umsatzsteuer angeht: ja. Selbständige haben in der Regel finanzielle Vorteile, wenn sie umsatzsteuerpflichtig sind.
Umsatzsteuer: Wie geht das?
Jeder Unternehmer schlägt Mehrwertsteuer auf seine Rechnungen drauf, bei Architekten- und Ingenieurleistungen sind es zurzeit 19 Prozent. Diese Beträge müssen an das Finanzamt abgeführt werden, denn das Geld gehört dem Staat. Aber nicht in voller Höhe: Vorher dürfen Unternehmer davon die Mehrwertsteuer abziehen, die sie für Einkäufe, die den Betrieb betreffen, gezahlt haben. Denn im Preis dieser Waren ist ja auch immer Mehrwertsteuer enthalten. Abgeführt wird also nur die Steuer auf den „Mehrwert“, den das Unternehmen erwirtschaftet hat, weshalb diese Art von Umsatzsteuer auch Mehrwertsteuer heißt. Und damit niemand zu rätseln anfängt: Gemeint ist mit „Umsatzsteuer“ und „Mehrwertsteuer“ immer dasselbe. Ein Beispiel: Mal angenommen, ein Selbständiger hat mit seinem Auftraggeber ein Honorar über 100 Euro vereinbart. Nun schreibt er eine Rechnung. Da er umsatzsteuerpflichtig ist, schlägt er 19 Prozent Mehrwertsteuer zusätzlich auf den Betrag auf. Auf seinem Konto gehen also 119 Euro brutto ein. 19 Euro davon muss er als Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Über die Umsatzsteuerregelung will der Staat die Unternehmen entlasten, und zwar so: Wenn der besagte Selbständige einen Bleistift kauft, dann legt er – mal angenommen – 1,19 Euro auf den Tisch. Darin enthalten sind auch 19 Prozent Mehrwertsteuer, also 19 Cent. Diesen Betrag holt er sich vom Finanzamt zurück, indem er dem Staat nun nicht mehr die kompletten 19 Euro überweist, die da als eingenommene Umsatzsteuer auf seinem Konto schlummern, sondern nur noch 18,81 Euro. In Wahrheit hat ihn der Bleistift nur den Nettobetrag, also 1,00 Euro, gekostet.
Die Befreiung bietet auch Vorteile
Der Vorteil einer Befreiung von der Umsatzsteuer liegt darin, dass man keine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben muss. Am Anfang der Selbständigkeit verlangt das Finanzamt die monatliche Abgabe auf elektronischem Wege, wobei eine Dauerfristverlängerung zur Abgabe beantragt werden kann. Dann hat der Unternehmer einen Monat mehr Zeit, die Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt einzureichen. Eine Befreiung kann einem außerdem einen gewissen Preiswettbewerbsvorteil bringen, und zwar dann, wenn man ausschließlich für Nicht-Unternehmer arbeitet, also für öffentliche oder private Auftraggeber. Diese sind selbst nämlich auch nicht umsatzsteuerpflichtig, bekommen die Mehrwertsteuer also nicht vom Finanzamt zurück. Für sie ist die Mehrwertsteuer eine echte Mehrausgabe. Wer von der Umsatzsteuerpflicht befreit ist, kann diesen Kunden daher 19 Prozent günstigere Preise anbieten als jemand, der Umsatzsteuer abführen muss.
Steuern einkalkulieren
Das Finanzamt verlangt für die Einkommen- und Umsatzsteuern Vorauszahlungen. Die Einkommensteuer-Vorauszahlungen sind im vierteljährlichen Turnus, die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen monatlich zu entrichten. Je nach Einnahmesituation kann die Umsatzsteuer-Vorauszahlung auch quartalsweise erfolgen. Für die Umsatzsteuer müssen Sie dazu eine sogenannte Umsatzsteuervoranmeldung erstellen. Unternehmer sind mittlerweile dazu verpflichtet, diese auf elektronischem Weg an das Finanzamt zu übermitteln. Dafür wird ein sogenanntes „Elster-Zertifikat“ benötigt, im Grunde nichts anderes als eine Datei, die man auf seinem Rechner installieren muss. Das Zertifikat ist online unter www.elster.de erhältlich. Die Höhe der Vorauszahlungen der Einkommensteuer hängt bei Existenzgründern davon ab, welche zu erwartenden Einkünfte sie im steuerlichen Erfassungsbogen angegeben haben. Seien Sie an dieser Stelle besonders wachsam, denn zu hohe, aber auch zu niedrige Angaben können für böse Überraschungen sorgen. Wer als Lediger für das erste Jahr Einnahmen angibt, die über der Einkommensteuer-Freigrenze von mehr als 8.820 Euro liegen, muss Einkommensteuern vorauszahlen. Dazu schickt Ihnen das Finanzamt einen Vorauszahlungsbescheid, dem Sie aber auch dann Folge leisten müssen, wenn Sie die zu erwartenden Einkünfte nicht erzielen, weil Sie zum Beispiel einen bestimmten Auftrag nicht bekommen haben oder das Architekturbüro, das Sie als freien Mitarbeiter engagiert hat, pleitegeht oder – was leider oft vorkommt – Auftraggeber nicht pünktlich zahlen. Die umgekehrte Situation – Sie erzielen Einkünfte, leisten aber keine Vorauszahlungen – kann genauso böse enden, nämlich dann, wenn Sie den Betrag für die Einkommensteuer anderweitig ausgeben. Deshalb: Bei einem saftigen Betrag auf dem Konto immer den Anteil für die Steuern zur Seite legen, entweder aufs Tagegeldkonto oder sich auf dem Geschäftskonto eine Marke setzen, die Sie nicht unterschreiten. So bleiben Sie liquide, auch wenn die Einkommen und Umsatzsteuern wieder mal zuschlagen. (Ute Schroeter)
Headerbild: Daniel Kummer