Inter­view: Als Archi­tekt früh selbstständig

Ohne Bau­vor­la­ge­be­rech­ti­gung als selb­stän­di­ge Archi­tek­ten arbei­ten? Schwie­rig, aber es geht. “Drei­ge­gen­ei­nen” berich­tet von sei­ner frü­hen Existenzgründung.

Basti­an Sevil­gen, Niko­las Savić und Maxi­mi­li­an Niggl sind ihr eige­ner Chef, doch bei der Grün­dung des Archi­tek­tur­bü­ros „drei­ge­gen­ei­nen“ hat­ten sie noch nicht ein­mal die Bau­vor­la­ge­be­rech­ti­gung von der Archi­tek­ten­kam­mer. Ihr Bei­spiel zeigt, dass es den­noch klap­pen kann mit der frü­hen Selbstständigkeit..

Die Drei von drei­ge­gen­ei­nen: Bas­ti­an Sevil­gen, Maxi­mi­li­an Niggl und Niko­las Savić (v.l.)
Foto: dreigegeneinen

Sie haben sich bereits im Stu­di­um an der Bau­haus Uni­ver­si­tät, ein Jahr vor Ihrem Diplom (2010), selbst­stän­dig gemacht. War das schon immer Ihr Traum gewesen

Bas­ti­an Sevil­gen: Max und ich hat­ten sogar vor­her schon unter einem ande­ren Label zusam­men­ge­ar­bei­tet, womit wir unse­re Stu­den­ten­ent­wür­fe gekenn­zeich­net haben (Idealstand_ART, Anm. d. A.). An der Bau­haus Uni gibt es auch die­se “Kul­tur”, dass recht vie­le Pro­dukt- und Gra­phik­de­si­gner ihre Fir­men schon im Stu­di­um grün­den. Es war dort also rela­tiv nor­mal, dass man­che Stu­den­ten aus ande­ren Stu­di­en­gän­gen im 8. oder 10. Semes­ter oder zumin­dest nach dem Diplom eine Fir­ma hat­ten. Bei den Archi­tek­ten war und ist das aber eher die Ausnahme.

Wie betrach­ten Sie den Stand­ort Deutsch­land für die frü­he Selbstständigkeit?

Bas­ti­an Sevil­gen: Von der Grün­dung her ist es in Deutsch­land sehr gut. Es gibt För­der­pro­gram­me und man wird ernst genom­men. Ich glau­be nur in Öster­reich ist es noch ein­fa­cher.
Niko­las Savić: Dort hat­ten wir auch Prak­ti­ka gemacht und eini­ge Büros ken­nen­ge­lernt, die sich aus dem Stu­di­um her­aus gegrün­det haben. Das war noch zusätz­lich inspirierend.

Stich­wort För­der­pro­gram­me, was haben Sie in der Rich­tung in Anspruch genommen?

Maxi­mi­li­an Niggl: Den Exis­tenz­grün­dungs­zu­sschuss z.B., das gibt es für jedes Bun­des­land. Dabei gab es zu unse­rer Zeit 7000 € für ein Jahr, wenn man eine Fir­ma gegrün­det hat. Das war für die Anfangs­ba­sis sehr wich­tig. Wir konn­ten uns davon einen Rech­ner kau­fen, eine Kreis­sä­ge für Model­le und wei­te­re Büro­aus­stat­tung.
Bas­ti­an Sevil­gen: Außer­dem bie­tet die IHK Bera­tun­gen für Grün­der an und wir hat­ten von der GFAW, der Gesell­schaft für Arbeits- und Wirt­schafts­för­de­rung des Frei­staa­tes Thü­rin­gen, zusätz­lich einen Exis­tenz­grün­der­pass für Bera­tun­gen, z.B. im Bereich Web­de­sign. In Deutsch­land rennt man offe­ne Türen ein, wenn man sagt, dass man eine Fir­ma grün­den will.

Eine Unter­stüt­zung ganz ande­rer Art sind ja Men­to­ren. Sie hat­ten schon wäh­rend des Stu­di­ums eine sol­che För­de­rung genos­sen. Wie wich­tig war das für Sie?

Niko­las Savić: Ja, bei uns war das damals ein Assis­tent an der Bau­haus Uni­ver­si­tät, Jür­gen Hauck, der heu­te Pro­fes­sor an der FH in Gies­sen ist (auch Geschäfts­füh­rer bei hjp archi­tek­ten, einer der Part­ner­bü­ros von 3G1, Anm. d. A.). Er hat uns den Start in die Selbst­stän­dig­keit ermög­licht. Ein wei­te­rer Men­tor ist unser Diplom­pro­fes­sor Wal­ter Stamm-Tes­ke, mit dem wir auch heu­te noch in Kon­takt stehen.

Wür­den Sie Stu­die­ren­den dazu raten, sol­che unter­stüt­zen­den Leu­te zu finden?

Maxi­mi­li­an Niggl: Abso­lut, das ist exis­ten­ti­ell! Anders geht’s nicht.

Sie arbei­ten oft für ande­re Büros. Wie ent­ste­hen eigent­lich sol­che Kontakte?

Niko­las Savić: Wenn man es bis zum Ende zurück­ver­folgt, steht bei uns am Anfang immer irgend­et­was mit Wei­mar. Auch den Kon­takt zu wör­ner trax­ler rich­ter fan­den wir über Wei­mar und Jür­gen Hauck.

In den letz­ten vier Jah­ren waren Sie bei etwa 50 Wett­be­wer­ben dabei und haben diver­se 1. und 2. Prei­se und Aner­ken­nun­gen bekom­men. Trotz­dem sagt man, dass Wett­be­wer­be gera­de für jun­ge Büros ein Lei­dens­weg ist. Wie sehen Sie das?

Maxi­mi­li­an Niggl: Bei den Wett­be­wer­ben gibt es oft­mals 20–40 Teil­neh­mer und da muss man erst ein­mal dazu gehö­ren, was für ein jun­ges Büro fast unmög­lich ist, weil die Refe­ren­zen feh­len. Wenn man aber das Glück hat und trotz­dem dar­an teil­neh­men darf, arbei­tet man zwei Mona­te zu dritt an einem Wett­be­werb, der nicht bezahlt wird. Nur wenn man gewinnt bekommt man einen adäqua­ten Lohn. Aber genau des­halb haben wir noch nicht so vie­le Wett­be­wer­be unter eige­nem Namen gemacht. Wir kön­nen uns das nicht leis­ten. Die Wett­be­wer­be in Part­ner­schaf­ten hin­ge­gen wer­den ja ver­gü­tet, selbst wenn wir nicht gewin­nen. Ansons­ten hät­ten wir auch gar nicht so vie­le machen können.

Im Zusam­men­hang mit Ihrer Arbeits­wei­se stößt man auf den Begriff Sub­un­ter­neh­men. Iden­ti­fi­zie­ren Sie sich damit?

Maxi­mi­li­an Niggl: Also grund­sätz­lich ist es schon ein Sub­un­ter­neh­men. Man ist gera­de in den ers­ten Jah­ren abhän­gig davon, da man ja noch nicht ein­mal in der Archi­tek­ten­kam­mer ist und an Wett­be­wer­ben gar nicht erst teil­neh­men kann. Was macht man also? Man muss im End­ef­fekt für jeman­den arbei­ten, der den Archi­tek­ten­ti­tel hat.

Ist man dann nicht ein­fach eine Art von Free­lan­ce-Team für Architekturbüros?

Bas­ti­an Sevil­gen: Es ist viel frei­er und aut­ar­ker als bei Free­lan­cern, die z.T. in den Büros sit­zen, Anwei­sun­gen bekom­men und den Stil des Büros tref­fen müssen …

Maxi­mi­li­an Niggl: Was wir eben nicht tun. Die Leu­te, die mit uns arbei­ten, die wol­len den Stil, den wir machen.

Sam­meln sich über die­se Wett­be­werbs­ar­bei­ten neben dem Ent­wurf auch Erfah­run­gen an, die Sie bei spä­te­ren Bewer­bun­gen für Wett­be­wer­be als Refe­ren­zen ange­ben können?

Bas­ti­an Sevil­gen: Die Part­ner­schaf­ten gehen ja auch wei­ter. Die Pro­jek­te, die wir gewon­nen haben, bei denen es – für den Auf­trag­ge­ber – einen ers­ten Preis gab, die bear­bei­ten wir bis in die höhe­ren Leis­tungs­pha­sen. Wenn wir uns in einer ArGe für einen Wett­be­werb bewer­ben und den gewin­nen, dann bau­en wir ihn natür­lich in unse­rem Namen. Oder wir bear­bei­ten eige­ne klei­ne Sachen, sol­che Um- und Aus­bau­pro­jek­te wie unser OS’ Kit­chen . So bekom­men wir auch eige­ne Referenzen.

Maxi­mi­li­an Niggl: Vor allem mit unse­rem Part­ner hjp archi­tek­ten füh­ren wir die Ent­wür­fe wei­ter. Da kommt es vor, dass man Pro­jekt­lei­ter ist und damit die­ses Pro­jekt die gan­ze Zeit betreut. Auch die­se Pro­jek­te kön­nen wir in Zukunft als Refe­renz ange­ben. (Das Inter­view führ­te Özlem Özdemir)

Aktua­li­siert am: 25. März 2021
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