Erfolg­reich bewer­ben im Bauunternehmen

Wer Erfah­run­gen in der Bau­lei­tung vor­wei­sen kann, hat als Bau­in­ge­nieur und vor allem auch als Archi­tekt wun­der­ba­re Auf­stiegs­chan­cen in allen Berei­chen – von der Pla­nung bis zum Manage­ment. Obwohl Bau­lei­tung viel Erfah­run­gen vor­aus­setzt, geben Bau­un­ter­neh­men häu­fig Absol­ven­ten und Ein­stei­gern die Chan­ce, sich in die­se ver­ant­wor­tungs­vol­le Posi­ti­on ein­zu­ar­bei­ten. Sechs Per­so­nal­chefs aus ver­schie­de­nen Bau­un­ter­neh­men erklä­ren, was sie von jun­gen Bewer­bern erwarten.

Wäh­rend der Recher­che für die­sen Arti­kel haben wir mit Per­so­nal­ver­ant­wort­li­chen der Bau­un­ter­neh­men und Bau­dienst­leis­ter Hoch­tief, Max Bögl, Wolff & Mül­ler, Gold­beck, der Bau­er Grup­pe und BAM Deutsch­land gespro­chen. In allen die­sen Unter­neh­men wird heu­te aus­schließ­lich die Online­be­wer­bung gewünscht. Dass die eher als kon­ser­va­tiv gel­ten­de Bran­che die moder­ne Vari­an­te bevor­zugt, ist nicht so ver­wun­der­lich, wie es auf den ers­ten Blick scheint, son­dern haupt­säch­lich der Mas­se der ein­ge­hen­den Bewer­bun­gen bei den gro­ßen Fir­men geschul­det. „Bei ca. 8.000 Bewer­bun­gen jähr­lich ist inzwi­schen nur noch so eine ver­nünf­ti­ge, effi­zi­en­te Bear­bei­tung mög­lich“, ver­deut­licht Alex­an­der Huber, Lei­ter der Per­so­nal­be­schaf­fung bei Bauer.

Die meis­ten Bau­un­ter­neh­men haben ein Bewer­ber­por­tal auf ihrer Web­site ein­ge­rich­tet. Teil­wei­se beinhal­ten die Kar­rie­re­por­ta­le sowohl aktu­el­le Stel­len­an­ge­bo­te als auch Rei­ter für Initia­tiv­be­wer­bun­gen – geglie­dert nach Stu­den­ten, Absol­ven­ten und Berufs­er­fah­re­nen. „Inter­es­sen­ten kön­nen ihre Daten direkt ein­ge­ben, Doku­men­te elek­tro­nisch anhän­gen und schließ­lich immer den aktu­el­len Sta­tus ihrer Bewer­bung ver­fol­gen“, erklärt Mar­ti­na Stef­fen, Lei­te­rin der Kon­zern­ab­tei­lung Personal/Corporate Depart­ment Human Resour­ces der Hoch­tief AG. Die elek­tro­ni­sche Bewer­bung spa­re dem Bewer­ber Zeit und Geld, das Unter­neh­men hin­ge­gen kön­ne schnel­ler Kon­takt mit dem Bewer­ber auf­neh­men, die Bewer­bung zügig in die Fach­be­rei­che geben und den Bewer­bungs­pro­zess somit beschleunigen.

„Beson­ders ger­ne lesen wir ein indi­vi­du­el­les Schrei­ben, in dem der Bewer­ber sei­ne Moti­va­ti­on darstellt.“

Gre­gor Röseler

BAM Deutsch­land AG

„Wer uns nicht sagt, was er bei uns machen will, der macht es uns sehr schwer, etwas für ihn zu tun.“

Kurt Walt­her

Max Bögl

Die­se Vari­an­te unter­schei­de sich letzt­lich gar nicht so sehr von der per Post ein­ge­hen­den Map­pe, sagt Micha­el Dom­brow­ski, Lei­ter Per­so­nal­we­sen bei der Wolff & Mül­ler Hol­ding GmbH & Co. KG: „Es ist im Grun­de die klas­si­sche Bewer­bungs­map­pe, nur in digi­ta­ler Form, am bes­ten als PDF.“ Ähn­lich äußert sich Mar­ti­na Stef­fen: „Die Infor­ma­tio­nen in einer Online­be­wer­bung soll­ten sich nicht von einer klas­si­schen Bewer­bung unter­schei­den. Der Bewer­ber soll­te sich genau­so viel Mühe und Gedan­ken mit sei­ner Online­be­wer­bung machen.“

Bewer­bungs­schrei­ben: Zei­gen was man will

„Kurz und bün­dig“ wünscht sich Max Fries vom Zen­tral­be­reich Per­so­nal für Ange­stell­te bei Max Bögl die Bewer­bung. „Durch ein kur­zes Anschrei­ben, in dem Bezug auf die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le genom­men wird, den Lebens­lauf und Zer­ti­fi­ka­te kön­nen wir uns ein ers­tes Bild machen – um mehr geht es ja zunächst nicht.“ Sein Kol­le­ge Kurt Walt­her, der das Kom­pe­tenz­zen­trum Bau bei Max Bögl lei­tet sowie gewerb­li­che und kauf­män­ni­sche Aus­zu­bil­den­de und Hoch­schul­prak­ti­kan­ten betreut, rät zur Prä­zi­si­on: „Ein Bewer­ber muss zei­gen, was er will, wo sei­ne Inter­es­sen lie­gen und – wenn es sich um eine Initia­tiv­be­wer­bung han­delt – in wel­chem Unter­neh­mens­be­reich er arbei­ten möch­te. Wer uns nicht sagt, was er bei uns machen will, der macht es uns sehr schwer, etwas für ihn zu tun.“

Gern las­sen uns die Per­so­nal­ver­ant­wort­li­chen wis­sen, wie das Bewer­bungs­pa­ket gestal­tet sein soll­te. Gre­gor Röse­ler, ver­ant­wort­lich für Aus- und Wei­ter­bil­dung sowie Recrui­ting bei der BAM Deutsch­land AG, sagt: „Ein gutes Bewer­bungs­schrei­ben soll­te klar struk­tu­riert und über­sicht­lich dar­ge­stellt sein. Beson­ders ger­ne lesen wir ein indi­vi­du­el­les Schrei­ben, in dem der Bewer­ber sei­ne Moti­va­ti­on darstellt.“

Das Anschrei­ben soll­te sich auf die ange­streb­te Stel­le bezie­hen und die Erfah­run­gen und Qua­li­fi­ka­tio­nen des Bewer­bers her­aus­stel­len, die auf das Anfor­de­rungs­pro­fil der Stel­le pas­sen, erläu­tert Micha­el Dom­brow­ski und schließt an: „Bei Absol­ven­ten aus den Berei­chen Archi­tek­tur und Bau­in­ge­nieur­we­sen spie­len für uns neben dem Fach­wis­sen ganz beson­ders die Fähig­kei­ten im Pro­zess- und Pro­jekt­ma­nage­ment eine gro­ße Rolle.“

Gesun­des Selbst­be­wusst­sein an den Tag legen

Kath­rin Streh­l­au, die in der Per­so­nal­ent­wick­lung der Gold­beck GmbH tätig ist, ach­tet beson­ders auf die Dau­er der bis­he­ri­gen Anstel­lun­gen und einen lücken­lo­sen Lebens­lauf. „Des Wei­te­ren benö­ti­gen wir alle rele­van­ten Schul- und Aus­bil­dungs- sowie Prak­ti­kums- oder Arbeits­zeug­nis­se. Für Posi­tio­nen in der Pla­nung, der Bau- oder Pro­jekt­lei­tung sind außer­dem Arbeits­pro­ben bzw. eine Pro­jekt­lis­te hilf­reich.“ Zusam­men­ge­fasst lässt sich also fest­stel­len, dass kom­pak­te Bewer­bun­gen gewünscht wer­den, in denen Bezug auf die kon­kre­te Stel­le genom­men wird, Zah­len und Fak­ten chro­no­lo­gisch und damit lese­freund­lich auf­ge­ar­bei­tet wur­den und die rele­van­ten sowie gefor­der­ten Anla­gen ent­hal­ten sind. Alex­an­der Huber hebt den Stel­len­wert des Anschrei­bens als „ers­te Arbeits­pro­be“ her­vor, die selbst­ver­ständ­lich frei von Recht­schreib- und Gram­ma­tik­feh­lern sein sollte.

Wie vie­le Bewer­ber zum Vor­stel­lungs­ge­spräch ein­ge­la­den wer­den, ist ganz unter­schied­lich und auch bezüg­lich vor­ab geführ­ter Tele­fon­in­ter­views ist kei­ne ein­deu­ti­ge Linie zu erken­nen. Max Fries hält wenig von die­sen Tele­fo­na­ten: „Wenn ich jeman­den uner­war­tet anru­fe, ist er nicht auf ein Gespräch vor­be­rei­tet. Wir wol­len aber nie­man­den in die Ecke drän­gen.“ Bei Max Bögl wer­den im Regel­fall drei bis fünf Kan­di­da­ten zum Vor­stel­lungs­ge­spräch ein­ge­la­den. Ihnen gegen­über sit­zen ein Ver­tre­ter aus dem Bereich Per­so­nal, meist Fries, sowie ein oder zwei Ver­tre­ter des Fach­be­reichs, der aktu­ell Per­so­nal anfor­dert. Zu Beginn des Gesprächs stellt sich die Fir­men­sei­te vor, danach erhält der Bewer­ber Gele­gen­heit, sich zu prä­sen­tie­ren. In Zei­ten des Inter­nets erwar­tet Fries, dass eine Beschäf­ti­gung mit dem Unter­neh­men erfolgt ist: „Wenn wir über uns und die Stel­le spre­chen, möch­te ich nicht bei null anfan­gen, son­dern schon etwas in die Tie­fe gehen.“ Im Ein­zel­fall wer­den kon­kre­te Situa­tio­nen oder beson­de­re Her­aus­for­de­run­gen der Tätig­keit angesprochen.

Stär­ken zei­gen, Schwä­chen zugeben

„Ein Bewer­ber soll­te schon ein gesun­des Selbst­be­wusst­sein an den Tag legen, ohne dabei über­heb­lich zu wir­ken“, sagt Mar­ti­na Stef­fen. Der Kan­di­dat soll­te deut­lich zei­gen, dass er neu­gie­rig auf den Job ist, und erklä­ren kön­nen, war­um gera­de er dafür geeig­net ist. Als posi­tiv emp­fin­det sie es, wenn der Bewer­ber eine aus­ge­präg­te Selbst­re­fle­xi­on zei­ge. Er bewei­se damit ein gutes Gefühl und Wis­sen um sei­ne eige­nen Stär­ken und auch Schwä­chen. „Es ist kein Pro­blem, wenn ein Bewer­ber zugibt, bestimm­te Din­ge noch nicht zu kön­nen. Wich­tig ist, dass er an die­sen Punk­ten arbei­tet“, erläu­tert Stef­fen. Dar­über hin­aus gibt sie Bewer­bern den Tipp, im Gespräch immer authen­tisch zu sein: „Wir suchen schließ­lich kei­ne Schauspieler.“

Begeis­te­rung fürs Bau­en und Team­geist – die­se bei­den Din­ge soll­te ein Bewer­ber nach Ansicht von Micha­el Dom­brow­ski im Vor­stel­lungs­ge­spräch ver­mit­teln. „Er soll­te offen, inter­es­siert und kom­mu­ni­ka­tiv sein. Das sehen wir zum Bei­spiel dar­an, ob er auf­merk­sam zuhört, Blick­kon­takt sucht und hält, Fra­gen stellt und alle Gesprächs­teil­neh­mer ein­be­zieht.“ Wer ande­re stän­dig unter­bricht, der erweckt nicht den Ein­druck, sich inte­grie­ren zu kön­nen und Ent­schei­dun­gen ande­rer zu akzep­tie­ren. „Es gibt kein Patent­re­zept, die Team­fä­hig­keit eines Bewer­bers zu ergrün­den“, sagt Max Fries. Man kön­ne nur ver­su­chen, Ten­den­zen her­aus­zu­hö­ren, ob jemand eher ein Ein­zel­gän­ger ist oder sich gern in eine Gemein­schaft ein­glie­dert. Kurt Walt­her ergänzt, dass es neben der Fra­ge nach der Team­fä­hig­keit auch dar­um gehe, ob der Bewer­ber in die­je­ni­ge Grup­pe passt, die ver­stärkt wer­den soll.

„Es ist kein Pro­blem, wenn ein Bewer­ber zugibt, bestimm­te Din­ge noch nicht zu kön­nen. Wich­tig ist, dass er an die­sen Punk­ten arbeitet.“

Mar­ti­na Steffen

Hoch­tief AG

Die meis­ten der gro­ßen Bau­fir­men waren Fami­li­en­un­ter­neh­men oder befin­den sich noch heu­te in Fami­li­en­be­sitz. Dies hat Aus­wir­kun­gen auf die Unter­neh­mens­kul­tur und das Wer­te­sys­tem: „Wir sind ein Fami­li­en­un­ter­neh­men mit mit­tel­stän­di­schen Wer­ten und Stär­ken: Boden­stän­dig­keit und Part­ner­schaft­lich­keit, aber auch Inno­va­ti­ons­kraft und Effek­ti­vi­tät. Ein Bewer­ber passt zu uns, wenn er die­se Wer­te teilt“, berich­tet Micha­el Dombrowski.

Ist es zu einer Ein­stel­lung gekom­men, dann punk­tet der neue Mit­ar­bei­ter bei Gold­beck, wenn er Eigen­in­itia­ti­ve ent­wi­ckelt und offen auf die Kol­le­gen zugeht. „Wir geben Mit­ar­bei­tern sehr früh Ver­ant­wor­tung und die Mög­lich­keit, sich im Unter­neh­men ein­zu­brin­gen. Wenn das genutzt wird, pro­fi­tie­ren bei­de“, weiß Kath­rin Streh­l­au. Dass ein neu­er Mit­ar­bei­ter wiss­be­gie­rig ist und Struk­tu­ren und Pro­zes­se hin­ter­fragt, dies erwar­tet Micha­el Dom­brow­ski: „Was ist anders als beim vor­he­ri­gen Arbeit­ge­ber? Was ist aus sei­ner Sicht gut, was könn­te man ver­bes­sern?“ Dies erfor­de­re natür­lich etwas Mut und Selbst­be­wusst­sein, doch nur so wür­den Din­ge in Gang gesetzt, „und es ist eine gute Gele­gen­heit, sich zu posi­tio­nie­ren und das eige­ne Poten­zi­al auf­zu­zei­gen“. Bei Bau­er wur­de bereits vor län­ge­rer Zeit unser betrieb­li­ches Vor­schlags­we­sen ein­ge­führt, „da das akti­ve Mit­wir­ken und Sich-Ein­brin­gen aller Mit­ar­bei­ter nur von Vor­teil für das gesam­te Unter­neh­men sein kann“, berich­tet Alex­an­der Huber. Wolff & Mül­ler bie­tet mit der haus­ei­ge­nen Aka­de­mie ein umfang­rei­ches Schu­lungs- und Wei­ter­bil­dungs­pro­gramm und ver­an­stal­tet Exper­ten­work­shops sowie Dis­kus­si­ons­run­den. „Wer die­se Ange­bo­te aktiv nutzt und zeigt, dass er sich wei­ter­ent­wi­ckeln möch­te, macht auf sich auf­merk­sam“, schließt Micha­el Dombrowski.

Die Fir­men­grup­pe Max Bögl inves­tiert viel Zeit und Geld, um die Nach­wuchs­kräf­te fit für Füh­rungs­po­si­tio­nen zu machen, und ist daher selbst­ver­ständ­lich an einer lang­fris­ti­gen Mit­ar­bei­ter-Bin­dung inter­es­siert. „Nach drei bis fünf Jah­ren kön­nen wir den Mit­ar­bei­tern Bau­stel­len zur eigen­stän­di­gen Abwick­lung über­ge­ben, spä­ter war­ten Auf­ga­ben in der Pro­jekt­lei­tung und schließ­lich schult der ehe­ma­li­ge Neu­ling als Füh­rungs­kraft selbst jun­ge Bau­lei­ter“, zeigt Max Fries einen mög­li­chen Weg auf. Tat­säch­lich sind vie­le Schlüs­sel­po­si­tio­nen des Unter­neh­mens bis hin zur Geschäfts­füh­rung mit Eigen­ge­wäch­sen besetzt. (David Spoo)

Aktua­li­siert am: 23. März 2021
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