Fün­dig wer­den bei der Schatzsuche

Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter sind das Kapi­tal eines jeden Unter­neh­mens. Das gilt selbst­ver­ständ­lich auch für die Bau- und Pla­nungs­bran­che. Doch der Markt der Mög­lich­kei­ten ist unüber­sicht­lich, Fach­kräf­te sind rar. Unse­re Autorin beschreibt, wo sich das Gra­ben nach Per­so­nal-Schät­zen wirk­lich lohnt.

Von Lin­da Pezzei

„Das Archi­tek­tur­bü­ro als Mar­ke“ – „Mit­ar­bei­ter fin­den via Web­site, Face­book und XING“ – „Employ­er Bran­ding“ – wie die­se aktu­el­len Semi­nar­über­schrif­ten zei­gen, rei­chen im heu­ti­gen, digi­ta­li­sier­ten Zeit­al­ter auch für Archi­tek­tur- und Pla­nungs­bü­ros Kern­kom­pe­ten­zen wie Sach­ver­stand, fach­li­che Exper­ti­se und krea­ti­ves Mind­set allei­ne nicht mehr zum Über­le­ben bzw. Vor­an­kom­men aus. Wie in jeder ande­ren Bran­che auch heißt es, qua­li­fi­zier­te Fach­kräf­te zu fin­den, zu gewin­nen und zu bin­den. Gera­de in der von Team­ar­beit gepräg­ten Archi­tek­tur­bran­che spielt zusätz­lich zur Qua­li­fi­ka­ti­on der Mit­ar­bei­ter deren Per­sön­lich­keit eine tra­gen­de Rol­le. Denn auf die Dau­er funk­tio­niert nur ein har­mo­ni­sches Team, krea­ti­ve Köp­fe reagie­ren da schnell sensibel.

Auch wenn die Zahl der Absol­ven­tin­nen und Berufs­an­fän­ger in der Archi­tek­tur- und Bau­bran­che gleich­blei­bend hoch ist, so erin­nert die Suche nach einer pas­sen­den Beleg­schaft für die Archi­tek­tur- und Inge­nieur­bü­ros all­zu häu­fig an die ver­miss­te Schrau­be in der Bau­gru­be. Der­zeit bemü­hen sich Arbeit­ge­ber nach Kräf­ten, um ihre erfah­re­nen Fach­kräf­te zu hal­ten. Und das nicht ohne Grund, schließ­lich ist ihre Gat­tung rar. Wie aber kann man als Per­so­nal Recrui­ter den­noch einen sol­chen Schatz bergen?

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der befrag­ten Unter­neh­men einer Stu­die des Insti­tuts für Arbeits­markt und Berufs­for­schung IAB set­zen bei der Fach­kräf­te­ge­win­nung auf die eige­nen Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter, die Kon­tak­te zu poten­zi­el­len Bewer­bern herstellen.

Eigent­lich leicht – und doch so schwer

Der Pro­zess der Per­so­nal­ge­win­nung scheint auf den ers­ten Blick recht sim­pel: Ein Arbeit­ge­ber schreibt eine offe­ne Stel­le aus, eine Viel­zahl an (mehr oder weni­ger) geeig­ne­ten Kan­di­da­tin­nen und Kan­di­da­ten bewirbt sich, man wählt den pas­sen­den Bewer­ber aus, einigt sich über die Kon­di­tio­nen und der Fall ist vom Tisch. Lan­ge hat das auf die­se Wei­se bes­tens funk­tio­niert. Doch die Welt ist heu­te ver­netzt wie nie, vir­tu­al ist das neue real gewor­den. Ange­bot und Mög­lich­kei­ten schei­nen unbe­grenzt – wie kom­men also heut­zu­ta­ge Arbeit­ge­ber und Arbeit­su­chen­de zusammen?

Im Nor­mal­fall läuft der Pro­zess mitt­ler­wei­le viel­mehr fol­gen­der­ma­ßen ab: Ein Arbeit­ge­ber schreibt eine offe­ne Stel­le aus. Stellt sich die ers­te Fra­ge: Wo aus­schrei­ben? Klar, Mund-zu-Mund-Pro­pa­gan­da ist immer gut, schließ­lich führt die Suche über eige­ne Mit­ar­bei­ter und per­sön­li­che Kon­tak­te laut Sta­tis­tik der Bun­des­agen­tur für Arbeit nach wie vor am häu­figs­ten zum Erfolg. Eta­blier­te Unter­neh­men mit einem inter­na­tio­nal her­aus­ra­gen­den Pro­fil dür­fen sich zudem über jede Men­ge Initia­tiv­be­wer­bun­gen freu­en. Auch Sabi­ne Bove­li­no vom Wie­ner Archi­tek­tur­bü­ro cara­mel kann dies nur bestä­ti­gen: „Als inter­na­tio­nal erfolg­rei­ches Büro bekom­men wir unzäh­li­ge Blind­be­wer­bun­gen.“ Ste­fan Beh­nisch, Part­ner von Beh­nisch Archi­tek­ten mit Sitz in Stutt­gart, Los Ange­les, Bos­ton und Mün­chen, weiß dies zu bestä­ti­gen: „In unse­ren Büros stel­len wir in der Regel Absol­ven­ten ein, zumeist mit Bache­lor-
Abschluss, die bei uns für ein bis zwei Jah­re arbei­ten und spä­ter, nach ihrem Mas­ter­ab­schluss, wie­der zu uns zurück­keh­ren. Die bes­ten Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter fin­den wir durch per­sön­li­che Kon­tak­te und Emp­feh­lun­gen oder aber, weil sie bereits ein Prak­ti­kum bei uns absol­viert hat­ten.“ Die Bewer­bun­gen kämen in der Regel unauf­ge­for­dert, soge­nann­te Initia­tiv­be­wer­bun­gen elek­tro­nisch. Albert Acham­mer, Archi­tekt ETH und Geschäfts­füh­rer von ATP Ham­burg, ergänzt: „Wir inves­tie­ren in Koope­ra­tio­nen mit Uni­ver­si­tä­ten und Fach­hoch­schu­len und unter­stüt­zen For­schungs­pro­jek­te. Außer­dem enga­gie­ren sich zahl­rei­che unse­rer Team-Mit­glie­der in der Leh­re.“ Ein sehr wich­ti­ges Instru­ment für ATP sei das „Mit­ar­bei­ter wer­ben Mitarbeiter“-Programm. „Die Mit­ar­bei­ter sind unse­re bes­ten Per­so­nal Scouts. Sie ken­nen einer­seits die ATP-Kul­tur, unse­re inte­gra­le Arbeits­wei­se und haben ande­rer­seits oft, zum Bei­spiel aus ehe­ma­li­ger Zusam­men­ar­beit, einen sehr guten Ein­blick in die Arbeits­wei­se des Bewerbers.“

„Wer respekt­voll und auf Augen­höhe kom­mu­ni­ziert, prä­sen­tiert sich nicht nur als sym­pa­thi­scher und pro­fes­sio­nel­ler Arbeit­ge­ber, son­dern hat auch die bes­ten Chan­cen, die gewünsch­ten Kan­di­da­ten für sich zu gewinnen.“

Etwas ange­staubt:
Eine Anzei­ge in der Tageszeitung

Wenn das auf die­se Wei­se nun aber nicht klap­pen will – eine Anzei­ge in der Tages­zei­tung schal­ten? Viel­leicht, aber auch das ist ein eher unsi­che­res Unter­fan­gen. Denn gera­de in der Krea­tiv­bran­che haf­tet der schnö­den Stel­len­an­zei­ge auf blass­grau­em Alt­pa­pier die maxi­ma­le Unse­xy­ness an – von der ein­ge­schränk­ten Reich­wei­te ein­mal ganz abge­se­hen. Und lesen wir nicht eh alle nur noch ePa­per und picken uns da genau die Arti­kel her­aus, die uns gera­de interessieren?

Beim Arbeits­amt kann man es zwar ver­su­chen, aber das scheint oft das letz­te Mit­tel zu sein, und auch als Job­su­chen­der erhält man im Umkehr­schluss vor Ort zumeist nur die Infor­ma­ti­on, dass man in eigen­stän­di­ger Suche ver­mut­lich schnel­ler fün­dig wer­de. Laut einer Erhe­bung der Bun­des­agen­tur für Arbeit aus dem Jahr 2019 führ­ten dann auch nur 8 % der Stel­len­su­chen auf die­sem Weg zum Erfolg.

Fachkraefte finden Architekturbuero - Bild:BIM von ATP

Foto: ATP archi­tek­ten ingenieure/Becker

Das Archi­tek­tur­bü­ro ATP sieht sich in Sachen BIM in einer Vor­rei­ter­po­si­ti­on im deutsch­spra­chi­gen Raum und bie­tet Fach­kräf­ten damit ganz neue Mög­lich­kei­ten bei der Zusam­men­ar­beit sowie des Ent­wurfs und der Präsentation.

Mitarbeiter finden Architekturbuero Bild: Caramel House Mesh

Foto: Katha­ri­na Ordelt

House Mesh – ein Pro­jekt des Wie­ner Archi­tek­tur­bü­ros cara­mel. So wie vie­le inter­na­tio­nal agie­ren­de Büros bekommt das Unter­neh­men unzäh­li­ge Blindbewerbungen.

Im Netz der Möglichkeiten

Sind die­se Mit­tel also aus­ge­schöpft, bie­tet sich das World Wide Web als end­lo­ser Pool von poten­zi­el­len Adres­sa­ten an. Es folgt aller­dings die Qual der Wahl: In wel­chen sozia­len Netz­wer­ken soll die Anzei­ge geteilt (und bewor­ben) wer­den? Wel­che Kar­rie­re­platt­for­men bie­ten sich an? Zuerst ein­mal kann der Job natür­lich auf der eige­nen Web­site online gestellt und über die ein­schlä­gi­gen sozia­len Medi­en wie Face­book, Twit­ter, Insta­gram usw. geteilt wer­den. Mit wenig Geld las­sen sich sol­che Anzei­gen sogar rela­tiv ziel­si­cher bewer­ben, wenn man es schafft, die Ziel­grup­pe ent­spre­chend ein­zu­gren­zen. Um hier erfolg­reich agie­ren zu kön­nen, soll­te man aller­dings regel­mä­ßig den Online­auf­tritt und die sozia­len Kanä­le pfle­gen, ansons­ten ver­puf­fen Geld und Mes­sa­ge eher unge­hört im luft­lee­ren Raum.

Auch Fach­zeit­schrif­ten wie bei­spiels­wei­se die „Detail“ bie­ten die Mög­lich­keit, Stel­len­an­zei­gen online zu publi­zie­ren. Selbst­ver­ständ­lich gegen einen Unkos­ten­bei­trag. Um 60 Tage online geführt zu wer­den, das eige­ne Logo in der Such­ergeb­nis­lis­te anzei­gen und sich auf der Start­sei­te prä­sen­tie­ren zu dür­fen sowie sich auf den sozia­len Medi­en und im News­let­ter wie­der­zu­fin­den, geht es dann schon in den hohen drei­stel­li­gen Bereich für eine sol­che Anzei­ge. Dafür sind die­je­ni­gen, die man errei­chen kann, in jedem Fall Teil der Ziel­grup­pe, das könn­te also für die Effi­zi­enz die­ses Kanals sprechen.

Para­me­ter flie­ßen in das Matching-Sys­tem des Start-ups „Skil­la­ry“ ein. Es basiert auf einem bran­chen­spe­zi­fi­schen Fra­ge­bo­gen ähn­lich einer Partner-Vermittlungs-Agentur.

Abseits der oben­ge­nann­ten Platt­for­men, die ja eher dem Selbst­mar­ke­ting und der Kun­den­prä­sen­ta­ti­on die­nen, gibt es noch rein pro­fes­sio­nel­le, auf denen sich Arbeit­ge­ber und ‑suchen­de regis­trie­ren, prä­sen­tie­ren und ver­net­zen kön­nen. Lin­ke­dIn und Xing bei­spiels­wei­se. Albert Acham­mer sagt in die­sem Zusam­men­hang über die Instru­men­te zur Per­so­nal­ge­win­nung: „Unter ande­rem ver­wen­den wir Acti­ve Sourcing auf Sozia­len Netz­wer­ken, wie Lin­ke­din und Xing. Je nach Stel­len­pro­fil ist es aber auch sinn­voll, auf Alter­na­ti­ven, wie Stel­len­aus­schrei­bun­gen in Print­me­di­en und Berufspor­ta­len, zurück­zu­grei­fen.“ Blei­ben wir ein­mal bei dem deut­schen Anbie­ter Xing. Die Betrei­ber benen­nen die Erfolgs­fak­to­ren von moder­nem Recrui­ting als Effi­zi­enz, Geschwin­dig­keit und Mess­bar­keit. „Uns es geht natür­lich, gera­de in Kri­sen­zei­ten, um Kos­ten und Bud­gets beim Recrui­ting. Digi­ta­le Lösun­gen erfül­len auch die­sen Anspruch“, so Kris­ti­na Kne­ze­vic, Coun­try Mana­ge­rin von Öster­reich. Xing bemüht sich aber auch um die Nut­zung von digi­ta­len Chan­cen. Digi­ta­les Recrui­ting sei zudem kei­ne Erfin­dung der Kri­se, denn die ers­ten Steps im Recrui­ting-Pro­zess ken­nen wir ja schon in digi­ta­ler Form von Online-Stel­len­an­zei­gen oder einer akti­ven Kan­di­da­ten­an­spra­che mit­tels Per­so­nal Mes­sa­ge oder Head­hun­ting. Den­noch geht Xing nun noch einen Schritt wei­ter und bie­tet inter­es­sier­ten Unter­neh­men mit dem „Xing Talent Ser­vice“ Unter­stüt­zung bei der digi­ta­len Fach­kräf­te­ge­win­nung an. Auch das kos­tet natür­lich Geld, kann sich bei erfolg­rei­cher Stel­len­be­set­zung im Umkehr­schluss aber mehr als bezahlt machen. Frag­lich ist den­noch, ob ein sol­ches Ange­bot für klei­ne bis mit­tel­gro­ße Unter­neh­men (2 bis 9 Mit­ar­bei­ter) ren­ta­bel bzw. letzt­lich rele­vant ist.

Zusätz­lich zu den eta­blier­ten gro­ßen Namen gibt es auch jun­ge, auf­stre­ben­de Unter­neh­men, denen gera­de die­se Pro­ble­ma­tik ein neu­es Geschäfts­feld eröff­net. Skil­la­ry bei­spiels­wei­se hat sich auf die Pla­nungs- und Bau­bran­che spe­zia­li­siert. Die Platt­form setzt auf die Ver­bin­dung von Talen­ten und Unter­neh­men im Built Envi­ron­ment. Dazu nut­zen die Ent­wick­ler stan­dar­di­sier­te Pro­fi­le zur Iden­ti­fi­zie­rung, Ein­bin­dung, zum Ver­gleich und zur Zusam­men­füh­rung von Talen­ten und Unter­neh­men auf inter­na­tio­na­ler Ebe­ne. Sowohl Unter­neh­men als auch Talen­te kön­nen sich (wie von ande­ren Platt­for­men bereits bekannt) per­so­na­li­sier­te Pro­fi­le ein­rich­ten und sich so der ande­ren Sei­te best­mög­lich prä­sen­tie­ren. Dabei funk­tio­niert das Matching-Sys­tem, basie­rend auf einem bran­chen­spe­zi­fi­schen Fra­ge­bo­gen, mit über 2.000 Para­me­tern ähn­lich einer Part­ner-Ver­mitt­lungs-Agen­tur. Gibt es ein Match, wird zunächst der Bewer­ber infor­miert, der einer Wei­ter­ga­be sei­ner per­sön­li­chen Daten expli­zit zustim­men muss. Die Pro­fi­le der Unter­neh­men hin­ge­gen sind öffent­lich ein­seh­bar. In Zukunft sol­len die Unter­neh­men ihre gewon­ne­nen Talen­te auch über die Platt­form „ver­wal­ten“ können.

Personal-Mitarbeiter-Behnisch-Architekten-München

Foto: Beh­nisch Architekten

Beh­nisch Archi­tek­ten fin­det sei­ne bes­ten Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter durch per­sön­li­che Kon­tak­te und Emp­feh­lun­gen oder aber, „weil sie bereits ein Prak­ti­kum bei uns absol­viert hatten“.

Fachkräfte Architekturbüro Behnisch Architekten Stuttgart

Foto: David Matthiessen

So war es und so wird es blei­ben: Mit­ar­bei­ter­bin­dung durch „ech­te“ sozia­le Kon­tak­te und per­sön­li­che Bezie­hun­gen ste­hen an obers­ter Stelle.

Nicht zu unter­schät­zen:
Die Visi­ten­kar­te im Netz

Sagen wir, die Hür­de des Hin­aus­tra­gens der Mes­sa­ge in die wei­te Welt ist genom­men, die Stel­len­an­zei­ge flott for­mu­liert und gut sicht­bar plat­ziert. Die ers­ten Inter­es­sen­ten zei­gen Inter­es­se. Jetzt ja nicht nach­las­sen. Was ist als Nächs­tes wich­tig? Selbst­ver­ständ­lich die Unter­neh­mens-Web­site. Die Visi­ten­kar­te unse­rer Zeit. Es dro­hen Stol­per­stei­ne: Die Auf­ma­chung erin­nert im Stil an die frü­hen 90er Jah­re? Das Räd­chen dreht und dreht sich? Kei­ne mobil­op­ti­mier­te Ver­si­on? Der gesuch­te Kan­di­dat ist mit Sicher­heit optisch ver­wöhnt, eini­ger­ma­ßen unge­dul­dig und in jedem Fall extrem anspruchs­voll. Die eige­ne Web­site soll­te die „Per­sön­lich­keit“, die Wer­te und Ideen eines Unter­neh­mens wider­spie­geln. Wer Design und Ästhe­tik ver­kauft, muss auch sich selbst gekonnt in Sze­ne set­zen. Dazu braucht es eigent­lich gar nicht so viel: Eine tech­nisch funk­tio­nie­ren­de Web­site (Stich­wort: Lade­zei­ten und Benut­zer­freund­lich­keit), eine kla­re Mes­sa­ge, wofür das Unter­neh­men steht, und aus Bewer­ber­sicht am bes­ten noch die Info: Wer ist das Unter­neh­men? Fin­de ich mich in die­sem Team wie­der? Herrscht hier von Anfang an eine gewis­se Sym­pa­thie? Will ich eben gera­de nicht (nur) wegen des Gel­des, son­dern wegen der Sache an sich für die­ses Unter­neh­men mei­ne wert­vol­le Zeit zur Ver­fü­gung stellen?

 

Fachkräftegewinnung XING Kristina Knezevic

Hip ist in, aber was genau ist das?

Archi­tek­tur- und Pla­nungs­bü­ros reagie­ren (nicht anders als Goog­le, Yahoo, Ama­zon & Co) auf die­se ver­än­der­ten Anfor­de­run­gen an die Arbeits­welt und prä­sen­tie­ren sich auf der eige­nen Web­site und in den sozia­len Medi­en immer öfter als hip, jung und inno­va­tiv. Arbei­ten soll Spaß machen, das Team-Buil­ding ist hier­bei ein wich­ti­ger Aspekt. Vom gemein­sa­men Mit­tag­essen auf der büro­in­ter­nen Ter­ras­se über Gra­tis-Kaf­fee (Sieb­trä­ger – ver­steht sich ja wohl von selbst) und gro­ßem Geträn­ke­kühl­schrank bis hin zum Kicker, gemein­sa­men Events oder inter­es­san­ten Schu­lun­gen ist die Band­brei­te der sof­ten Fak­to­ren schier unend­lich, wel­che die bes­ten Bewer­ber vom eige­nen Unter­neh­men über­zeu­gen sol­len. „Das Arbeits­um­feld wird immer wich­ti­ger, man will nicht mehr nur in das bes­te Büro, son­dern auch in jenes, wel­ches das bes­te Drum­her­um bie­tet – sei­en es Arbeits­platz, Kol­le­gen, Team­spi­rit, Arbeits­zeit, Gemein­schafts­ge­fühl, sozia­le Kom­pe­ten­zen und noch eini­ges mehr“, bekräf­tigt auch Sabi­ne Bove­li­no die­sen Trend. Albert Acham­mer kann die­se Ten­denz nur unter­stüt­zen: „Wir leben bei ATP archi­tek­ten inge­nieu­re seit über 40 Jah­ren eine Kul­tur der inte­gra­len Pla­nung. Das bedeu­tet, dass unse­re Team-Mit­glie­der auf Augen­hö­he im sel­ben Büro zusam­men­ar­bei­ten. Der Bewer­bungs­pro­zess selbst ist ein eben­so wich­ti­ger Bestand­teil der Per­so­nal­su­che. Die­ser kann nur rei­bungs­los ver­lau­fen, wenn auf jeder Ebe­ne eine trans­pa­ren­te und pro­fes­sio­nel­le Kom­mu­ni­ka­ti­on statt­fin­det. Zeit­na­he Rück­mel­dung spielt dabei eine wich­ti­ge Rol­le, genau­so wie die Füh­rung von struk­tu­rier­ten und offe­nen Gesprä­chen auf Augenhöhe.“

„Wer erst Tage spä­ter Rück­mel­dung bekommt, fühlt sich nicht erst­ge­nom­men. Schlim­mer noch, wenn Absa­gen erst gar nicht ver­sandt werden.“

Respekt vor den Men­schen,
die ihre Zukunft planen

Wären wir also beim nächs­ten wich­ti­gen Punkt in der Ket­te der Per­so­nal­ge­win­nung: der Kom­mu­ni­ka­ti­on. Wer erst Tage spä­ter Rück­mel­dung bekommt, fühlt sich nicht ernst­ge­nom­men. Schlim­mer noch, wenn Absa­gen erst gar nicht ver­sandt wer­den. Bei all dem Auf­wand sitzt am ande­ren Ende der Lei­tung schließ­lich auch nur ein Mensch, der im Moment dabei ist, sei­ne Zukunft zu pla­nen. Wer respekt­voll und auf Augen­hö­he kom­mu­ni­ziert, prä­sen­tiert sich nicht nur als sym­pa­thi­scher und pro­fes­sio­nel­ler Arbeit­ge­ber, son­dern hat auch die bes­ten Chan­cen, die gewünsch­ten Kan­di­da­ten für sich zu gewin­nen. Ein ehr­li­ches Gespräch auf per­sön­li­cher Ebe­ne kann vor zukünf­ti­gen bösen Über­ra­schun­gen (übri­gens auf bei­den Sei­ten) schüt­zen. So meint auch Ste­fan Beh­nisch zum Ablauf der Per­so­nal­aus­wahl: „Bei unse­rer Aus­wahl ist die Map­pe ein wich­ti­ges Kri­te­ri­um. Letzt­end­lich ent­schei­dend jedoch ist das per­sön­li­che Gespräch ent­we­der vor Ort oder oft­mals auch als Video-Inter­view, da wir Anfra­gen aus den unter­schied­lichs­ten Län­dern bekom­men. Von gro­ßem Inter­es­se sind für uns die Lebens­läu­fe der Bewer­be­rin­nen und Bewer­ber. Gibt es Brü­che, bestehen Vor-Aus­bil­dun­gen jen­seits der Schu­le oder sons­ti­ge nicht unbe­dingt linea­re Lebens­läu­fe? Erfah­run­gen auf Gebie­ten jen­seits der Archi­tek­tur schät­zen wir sehr, da die Absol­ven­tin­nen und Absol­ven­ten nicht zuletzt durch G 8 und kur­ze Regel­stu­di­en­zei­ten oft­mals ver­schul­te Aus­bil­dun­gen durchlaufen.“

Ste­fan Beh­nisch berich­tet von Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern, die bereits frei­wil­li­ge Sozi­al­diens­te abge­leis­tet, eine Schrei­ner­leh­re, Orgel­bau­er-Aus­bil­dung oder ein Kunst­stu­di­um absol­viert, in der Gas­tro­no­mie oder als Musi­ker gear­bei­tet haben. „Inter­es­sens­ge­bie­te in vie­len unter­schied­li­chen The­men- und Lebens­be­rei­chen sehen wir als ein bedeu­ten­des Plus für die Arbeit in unse­rem Büro an.“

Fachkräftegewinnung XING Kristina Knezevic

Foto: Raf­fae­la Proell

Kris­ti­na Kne­ze­vic, Xing Coun­try Mana­ge­rin von Öster­reich, emp­fiehlt den „Xing Talent Ser­vice“, der Unter­neh­men bei der digi­ta­len Fach­kräf­te­ge­win­nung unterstützt.

Mitarbeiter finden Architekturbuero Bild: Caramel House Mesh

Foto: ATP archi­tek­ten ingenieure/Becker

„Die Mit­ar­bei­ter sind unse­re bes­ten Per­so­nal Scouts“, sagt Albert Acham­mer, Archi­tekt ETH und Geschäfts­füh­rer von ATP Hamburg.

Fazit: So sieht die Zukunft
in der Arbeits­welt aus

Auf die­se Wei­se steht einem glück­li­chen Ende des Recrui­tung-Pro­zes­ses nichts mehr im Wege. Doch wo lie­gen die Her­aus­for­de­run­gen, aber auch Chan­cen für die Zukunft? Ste­fan Beh­nisch sieht das ganz klar: „Recrui­ting wird künf­tig sicher­lich von der Markt­si­tua­ti­on abhän­gen. Jedoch erkennt man schon Trends in den Erwar­tun­gen. Work-Life-Balan­ce spielt eine immer wich­ti­ge­re Rol­le, viel­leicht auch Auf­stiegs­chan­cen, jedoch ist die neue Gene­ra­ti­on weni­ger fir­men­ge­bun­den, wech­sel­wil­li­ger, mehr pro­jekt­ori­en­tiert und weni­ger auf Lang­zeit­kar­rie­ren aus­ge­rich­tet.“ Ganz beson­ders wich­tig für jun­ge Leu­te sei das Gefühl, dass der Arbeit­ge­ber die eige­nen Über­zeu­gun­gen teilt, fin­det Ste­fan Beh­nisch, sich also nach­hal­tig, auf­ge­schlos­sen, fair, kom­mu­ni­ka­tiv, koope­ra­tiv gebe – und somit die Mög­lich­keit, Ein­fluss auf das Umfeld zu neh­men. „Sicher­lich wird das Remo­te-Arbei­ten zukünf­tig eine grö­ße­re Rol­le spie­len, hier sind die Trends durch die Pan­de­mie ver­stärkt. Heu­te benö­ti­gen wir die Jun­gen und Absol­ven­ten mehr als die­se uns.“ Das bes­te Recrui­ting sei­en nach wie vor der Ruf und das Image, gute Pro­jek­te zu bear­bei­ten, Ver­ant­wor­tung zu dele­gie­ren, fair zu sein sowie eine posi­ti­ve Arbeits­at­mo­sphä­re zu gewähr­leis­ten. „Fla­che Hier­ar­chien bei guter Orga­ni­sa­ti­on sind sicher­lich heu­te ange­mes­se­ner als ver­al­te­te Struk­tu­ren. Kurz, die per­sön­li­che Emp­feh­lung und der Kon­takt zu den Uni­ver­si­tä­ten sind die Recrui­ting-Metho­den der Wahl.“ Albert Acham­mer kann die­se Mei­nung nur bestä­ti­gen: „Die Zukunft der Per­so­nal­ge­win­nung besteht in mei­nen Augen aus drei Säu­len: Netz­werk, attrak­ti­ve Orga­ni­sa­ti­ons­struk­tu­ren und Inno­va­ti­on.“ Die Pla­nungs­bran­che lebe in allen Facet­ten von ihrem Netz­werk. Nur sehr weni­ge Fach­kräf­te ergrei­fen die Initia­ti­ve und bewer­ben sich klas­sisch über Stel­len­an­zei­gen. In vie­len Fäl­len wird der ers­te Kon­takt zum neu­en Arbeit­ge­ber durch das im Arbeits­um­feld auf­ge­bau­te Netz­werk initi­iert. „Des­halb ist es umso wich­ti­ger, auf dem Markt unse­re Unter­neh­mens­kul­tur, die Arbeits­at­mo­sphä­re, Wei­ter­ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten und Füh­rungs­struk­tu­ren zu kom­mu­ni­zie­ren“, erklärt Albert Acham­mer. Denn genau die­se Ele­men­te wür­den den ent­schei­den­den Unter­schied machen und nach außen getragen.

Es lässt sich ein­deu­tig fest­stel­len, dass die Per­so­nal­ge­win­nung auf dem Gebiet der Architektur‑, Pla­nungs- und Bau­bran­che kei­nes­wegs als lang­wei­lig oder im Still­stand begrif­fen zu ver­ste­hen ist. Und auch wenn die Digi­ta­li­sie­rung, Effi­zi­enz­stei­ge­rung und sozia­len Medi­en wei­ter an Bedeu­tung gewin­nen wer­den, so ist es doch beru­hi­gend, dass schluss­end­lich das Per­sön­li­che, der Cha­rak­ter und die Che­mie aller Betei­lig­ten im Vor­der­grund ste­hen. Man könn­te also sagen, letzt­lich wird vir­tu­al doch wie­der real. Denn auch wenn Home­of­fice und Video­kon­fe­ren­zen in letz­ter Zeit immer mehr an Bedeu­tung gewon­nen haben, so ste­hen bei der Mit­ar­bei­ter­bin­dung doch wei­ter „ech­te“ sozia­le Kon­tak­te und per­sön­li­che Bezie­hun­gen an obers­ter Stelle.

Aktua­li­siert am: 17. Juni 2021

Titel­bild: Tho­mas / Ado­be Stock