Erfolgreich bewerben im Öffentlichen Dienst
Ein Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst gilt nach wie vor als solide und sicher. Personalverantwortliche des öffentlichen Dienstes erklären, was Architekten und Bauingenieure in Dezernaten und Ämtern erwartet.
Wer sich für eine Stelle im öffentlichen Dienst entscheidet, der sucht in der Regel ein langfristiges und sicheres Beschäftigungsverhältnis. Die in der Privatwirtschaft gelebte und häufig auch geforderte Wechselbereitschaft gibt es hier kaum. „Es ist eher selten, dass Mitarbeiter gehen, um an einem anderen Ort eine neue Stelle anzunehmen“, bestätigt Dr. Detlef Kron, Leiter des Amts für Stadtplanung und Stadterneuerung der Stadt Stuttgart. Eine Fluktuation ergebe sich hauptsächlich durch das Ausscheiden älterer Mitarbeiter.
Ein weiterer Unterschied zu Architektur- und Ingenieurbüros oder Bauunternehmen liegt darin, dass es im öffentlichen Dienst wenig sinnvoll ist, Initiativbewerbungen zu verschicken. Der Verwaltungsaufwand, der benötigt werde, um sie zu sammeln, habe sich als viel zu hoch erwiesen, erläutert Heinz-Georg Leuer, Stadtbaurat bei der Stadt Braunschweig, zum Zeitpunkt unseres Gesprächs noch Leiter des Fachbereichs Tiefbau und Verkehr. Unaufgefordert eingehende Bewerbungen würden daher postwendend zurückgeschickt. Es sei also angebracht, sich nur auf konkrete Stellenangebote zu bewerben.
Im Fachbereich Tiefbau und Verkehr sind insgesamt rund 130 Mitarbeiter angestellt, 40 von ihnen in den Bereichen Verkehrsplanung und Verkehrsmanagement sowie Entwurf und Bau. Eine Hauptaufgabe der Abteilung Verkehrsplanung und Verkehrsmanagement ist es, generelle Lösungen zum Verkehr der Zukunft zu gestalten. „Dabei geht es nicht darum, neue Flächen zu schaffen, sondern Bestandsflächen optimal zu nutzen“, beschreibt Leuer. In der Abteilung Entwurf und Bau entstehen die Ausführungspläne, werden in Zusammenarbeit mit der Vergabestelle die Maßnahmen ausgeschrieben und sind Brückenbau sowie konstruktiver Ingenieurbau angesiedelt. Die Mitarbeiter sind auch zuständig für Bauüberwachung und Baumanagement.
„Ein deutliches Interesse an der Aufgabe und eine denkbare Identifikation mit dem zukünftigen Arbeitgeber sollte deutlich spürbar sein.“
„Wenn jemand nur ein Jahr im Büro xy gearbeitet hat und uns einen Bebauungsplan, eine Rahmenplanung und einen gewonnenen Wettbewerb präsentiert, dann wissen wir, dass dies nur als Teamleistung möglich war. “
Anne Sick, Leiterin des Amts für Hochbau und Gebäudewirtschaft der Stadt Karlsruhe, nennt Zahlen und Fakten, die veranschaulichen, wie umfassend und vielschichtig der Berufsalltag ist. 140 Mitarbeiter, davon 125 Vollzeitkräfte, sind zuständig für 690 kommunale und 100 angemietete Gebäude; daneben gibt es weitere angemietete Immobilien. Der Zuständigkeitsbereich umfasst Errichtung, Bauunterhaltung, Reinigung, Versorgung, Bewirtschaftung und das Flächenmanagement. „Wir sind für den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden zuständig“, erläutert Sick. 25 Architekten sind hier für die Leitung und Steuerung aller Maßnahmen verantwortlich.
Stellenausschreibungen werden hauptsächlich in der lokalen und überregionalen Presse, den gängigen Onlinebörsen, Fachzeitschriften und natürlich den Portalen der jeweiligen Stadt veröffentlicht. In den Ausschreibungen der Stadt Braunschweig heißt es: „Die Bewerbungen mit den üblichen Unterlagen werden in schriftlicher Form (keine E‑Mail) erbeten.“ Dr. Michael Schlemmer, Abteilungsleiter Personalmanagement im Amt für Management und Controlling der Stadt Rostock, benennt den Vorteil dieser Variante: „Da am Auswahlverfahren mehrere Mitarbeiter beteiligt sind, können die Unterlagen problemlos gesichtet werden.“ Daraus aber zu schließen, dass im öffentlichen Dienst generell die Bewerbungsmappe erwartet würde, wäre falsch. Die verschiedenen Präferenzen zeigt das Beispiel der Stadt Köln: Während Ulrike Willms, stellvertretende Amtsleiterin des Amtes für Brücken und Stadtbahnbau, es für unerheblich hält, „ob die Bewerbung online oder in der klassischen Variante gestellt wird“, sagt ihr Kollege Herbert Thelen vom Bauaufsichtsamt: „Die Bewerbung online per Mail (mit PDF-Anlagen) ist zwar zulässig, wird aber von uns nicht bevorzugt.“ Als Gründe nennt er, dass noch keine digitale Sachbearbeitung erfolgt und daher Unterlagen in erheblichem Umfang auszudrucken sind. „Zudem hat das Bauaufsichtsamt die Erfahrung gemacht, dass die Bewerbungen in der klassischen Bewerbungsmappe oft eine höhere Qualität haben als Mail/PDF-Bewerbungen.“ Es gilt also, in der Ausschreibung nachzulesen, welche Variante gewünscht ist.
Anforderungen aufmerksam lesen
An das Anschreiben hat Britta Wisch vom Sachgebiet Personal und Organisation der Stadt Braunschweig klare Ansprüche: „Es muss fehlerfrei sein und ich möchte einen Satz lesen wie ‚Ich will bei der Stadt Braunschweig arbeiten, weil …‘“ Wer mit pauschalen Formulierungen komme, der erwecke nicht den Eindruck, sich mit dem Unternehmen befasst zu haben. „Wer sich bei uns bewirbt, der sollte wissen, wie wir organisiert sind und dass die Kommunalpolitik Einfluss auf unsere Arbeit hat“, sagt die Personalerin. Die Mappe muss zudem den Lebenslauf, Zeugniskopien und ein Lichtbild enthalten. Was die Art der Anrede oder die Gestaltung der Bewerbungsmappe angeht, empfiehlt sie Bewerbern, immer im Auge zu behalten, wo man sich bewirbt. Während eine künstlerisch gestaltete Bewerbung im Kulturbereich sicher gut ankomme, sei im Fachbereich Tiefbau und Verkehr eher „Kreativität in begrenztem Umfang“ angebracht.
Auch Anne Sick wünscht, dass Stellenangebote aufmerksam gelesenund Bewerbungen nicht nach dem Gießkannenprinzip verschickt werden: „Wenn wir einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin für die Bauunterhaltung suchen, dann muss er bzw. sie eine Affinität zum Handwerklichen und Praktischen haben. Wer lieber im stillen Kämmerlein Entwürfe zeichnet, als draußen zu sein, sollte sich auf eine solche Stelle nicht bewerben.“ Von einem Anschreiben erwartet sie, dass es „plausibel und knapp formuliert“ ist. Auch Dr. Michael Schlemmer schätzt es nicht, wenn Bewerber vom Hundertsten ins Tausendste kommen: „Das Bewerbungsschreiben sollte nicht länger als eine Seite und nicht mit Angaben aus dem Lebenslauf ‚überfrachtet‘ sein. Wichtig ist, dass die Motivation des Bewerbers und seine Überzeugung von der Eignung für die Stelle glaubhaft zum Ausdruck kommen.“
„In vielen Architekturbüros machen AIP-ler immer die gleichen Tätigkeiten, bei uns durchlaufen sie die gesamte Bandbreite. Wenn möglich, geben wir ihnen sogar ein kleines, eigenverantwortliches Projekt.“
„Niemand erwartet von Bauingenieuren, dass sie im Designer-Anzug daherkommen, Hemd und Jacket sollte ein Mann aber schon tragen.“
Wie viele Kandidaten zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden, hängt in erster Linie von der Anzahl der Bewerbungen ab. Um einen guten Vergleich zu haben, sind es laut unserer Gesprächspartner zwischen fünf und zehn. „Wir bemühen uns, es an einem Tag zu schaffen, denn wir müssen ja einige Leute für die Vorstellungsrunde freihalten“, erläutert Dr. Detlef Kron. Bei Bewerbungsgesprächen im öffentlichen Dienst sitzen dem Bewerber im Normalfall der zuständige Abteilungsleiter sowie Vertreter der Personalabteilung, des Personalrats, teils auch die Gleichstellungsbeauftragte und ein Schwerbehindertenvertreter gegenüber. Haben sich auch interne Mitarbeiter auf die vakante Stelle beworben, werden sie generell gehört. Externe Bewerber werden dadurch aber nicht ausgeschlossen.
Das fachliche Wissen wird durch praktische Fallbeispiele, etwa eine Straßenbaumaßnahme, abgefragt. „Wir geben dem Bewerber Unterlagen und nach einer Vorbereitung beschreibt er, wie er vorgehen und das Projekt bearbeiten würde“, erklärt Britta Wisch. Anhand dieser Beschreibungen sei auch abzulesen, ob der Kandidat ein Teamplayer oder ein Einzelkämpfer ist. Anne Sick berichtet, dass die Aufgabenstellung manchmal bereits eine Woche vorher ausgegeben wird, um eine Vorbereitung zu ermöglichen. „Uns interessiert, was die Leute wissen, nicht, was sie nicht wissen“, erläutert Sick. Vor allen Dingen wolle man niemanden in Verlegenheit bringen oder auflaufen lassen.
Nicht als Alleskönner auftreten
Dr. Detlef Kron rät Bewerbern davon ab, im Vorstellungsgespräch aufzuschneiden und sich als Alleskönner darzustellen: „Wenn jemand erzählt, dass er nur ein Jahr im Büro xy gearbeitet hat und uns dann einen Bebauungsplan, eine Rahmenplanung und einen gewonnenen Wettbewerb präsentiert, dann wissen wir als Kenner der Materie, dass dies nur als Teamleistung möglich war.“ Spätestens an dieser Stelle sei Ehrlichkeit gefragt, denn „wer trotz Nachfrage dabei bleibt, dass er das alles allein gemacht hat, der macht es uns schwer, überhaupt etwas zu glauben, was er sagt“.
Laut Anne Sick glauben einige Leute noch immer, dass es im Amt gemächlicher zuginge als anderswo oder dass die Arbeit im öffentlichen Dienst niederschwelliger sei. „Dem ist nicht so“, widerspricht sie vehement. Die Mitarbeiter würden gefordert und gefördert. „In vielen Architekturbüros machen AIP-ler immer die gleichen Tätigkeiten, bei uns durchlaufen sie die gesamte Bandbreite. Wenn möglich, geben wir ihnen sogar ein kleines, eigenverantwortliches Projekt.“ Ein weiterer Vorteil sei, „dass wir keine ausbeuterischen Arbeitsverhältnisse haben“, so Sick. Reine Bauchentscheidungen für oder gegen einen Bewerber gibt es im öffentlichen Dienst nicht. Die verschiedenen Bereiche des Gesprächs werden bepunktet und so schließlich ein Ranking festgestellt. Das Verfahren wird dokumentiert, da die Möglichkeit einer Konkurrentenklage besteht. Meist sei bereits nach der ersten Gesprächsrunde entschieden, welcher Bewerber sich durchgesetzt habe, sagt Dr. Detlef Kron. Sollte das Gremium einen Kandidaten ausgewählt haben, der jedoch absagt, bedeute das nicht automatisch, dass der zweite nachrückt. In diesem Fall sei sowohl eine weitere kleine Vorstellungsrunde möglich als auch eine erneute Ausschreibung der Stelle. (David Spoo)
Headerbild: liggraphy / Pixabay